Summenzeichen für Partialsummen und Reihen

Verwendung des Summenzeichens

In der Lernforschung wurde herausgefunden, dass das mathematische Summenzeichen, der griechische Grossbuchstabe Sigma (\Sigma) bei vielen Schülerinnen und Schülern ein gewisses Unbehagen auslöst. Als Schüler war das bei mir genauso. Der Buchstabe sieht mit seinen vielen Ecken und Kanten vielleicht ein bisschen aggressiv aus…Keine Angst! Das Summenzeichen kann weder etwas für sein Aussehen (wenn schon sind die Griechen schuld), noch ist die Benützung des Summenzeichens besonders schwierig.

Wir lesen das Summenzeichen wie folgt: Es wird die Summe gebildet von dem, was im Summenzeichen steht. Die Summe besteht aus vielen Termen, die zusammengezählt werden. Die Terme sind mit einem Zähler versehen. Der Zähler, meistens i, j oder k läuft immer in Einerschritten vom Anfangswert, der unten steht, bis zum Endwert, der oben steht.

    \[ \text{Summe} = \sum_{\text{Zähler} \,\, = \,\, \text{Anfangswert}}^{\text{Endwert}} \Bigl ( \text{Term} \Bigr ) \]

    \[ \sum_{\text{i} = {3}}^{7} \Bigl ( a_i \Bigr ) = a_3 + a_4 + a_5 + a_6 + a_7 \]

Wenn das Summenzeichen oft vorkommt, ist es üblich die Schreibweise etwas zu vereinfachen und die Spezifikationen unter und über dem Summenzeichen weg zu lassen. Es gelten dann noch immer die Gleichen wie am Anfang. Manchmal steht auch einfach nur ein i unter dem Summenzeichen um anzudeuten, wie die Zählvariable heisst.

Beispiel

Die Summe der Glieder 3 bis 7 einer Folge soll berechnet werden. Die Folge hat die explizite Definition a_i = 2i


    \[ \begin{array} s = \sum_{i = 3}^{7} \Bigl ( a_i \Bigr ) = a_3 + a_4 + a_5 + a_6 + a_7 & \\ \,\,\, = (2 \cdot 3) + (2 \cdot 4) + (2 \cdot 5) + (2 \cdot 6) + (2 \cdot 7) & \\ \,\,\, = 6 + 8 + 10 + 12 + 14 = 50 & \end{array} \]

Eigenschaften

Das Summenzeichen hat viele Eigenschaften, die relativ einfach bewiesen werden können. Mit Hilfe dieser Eigenschaften können Summenzeichen vereinfacht oder gar algebraisch gelöst werden.

    \[ \sum_{i}^{ } \Bigl ( a_i + b_i \Bigr ) = \sum_{i}^{ } a_i + \sum_{i}^{ } b_i & (1) \]

    \[ \sum_{i}^{ } \Bigl ( k \cdot a_i \Bigr ) = k \cdot \sum_{i}^{ } a_i & (2) \]

    \[ \sum_{i=1}^{n} = \sum_{i=1}^{n} 1 = n & (3) \]

    \[ \sum_{i=1}^{n} i = \frac{n(n+1)}{2} & (4) \]

    \[ \sum_{i=u}^{o} a_i =  \sum_{i=1}^{o} a_i - \sum_{i=1}^{u-1} a_i & (5) \]

Summe im Summenzeichen: Eigenschaft (1)

Wenn wir eine Summe in einem Summenzeichen haben, können wir daraus eine Summe von Summenzeichen machen. Dass dem wirklich so ist, sehen wir, wenn wir das Summenzeichen links ausschreiben. Wir nehmen den Fall, wo der Zähler i von 1 bis n läuft:

    \[ \sum_{i=1}^{n} \Bigl ( a_i + b_i \Bigr ) = (a_1 + b_1) + (a_2 + b_2) + (a_3 + b_3) + ... + (a_n + b_n) \]

Jetzt schreiben wir die Summe ohne Klammern und bringen die gleichartigen Summanden zusammen:

    \[ a_1 + b_1 + a_2 + b_2 + ... + a_n + b_n \qquad = \qquad (a_1 + a_2 + .... + a_n) + (b_1 + b_2 + ... + b_n) \]

Die beiden Klammern sind nichts anderes als \sum_{i=1}^{n} a_i + \sum_{i=1}^{n} b_i, womit wir gezeigt haben, dass eine Summe in einem Summenzeichen als Summe von Summenzeichen geschrieben werden kann.

Faktor im Summenzeichen: Eigenschaft (2)

Wenn wir im Summenzeichen einen Faktor haben, so können wir ihn aus dem Summenzeichen herausholen und ihn mit dem Summenzeichen multiplizieren. Es handelt sich dabei um ein Ausklammern. Wichtig ist, dass der Faktor unabhängig vom Zähler ist, d.h. er ist bei allen Summanden genau gleich.

Wir schreiben auch hier wieder als erstes die Summe aus:

    \[ \sum_{i=1}^{n} \Bigl ( k \cdot a_i \Bigr ) = (k \cdot a_1) + (k \cdot a_2) + (k \cdot a_3) + ... + (k \cdot a_n) \]

Wir lassen die Klammern weg, da das Produkt k \cdot a_i stärker bindet und damit keine Klammern nötig sind. Jeder Summand enthält den Faktor k, so können wir ausklammern:

    \[ k a_1 + k a_2 + k a_3 + ... + k a_n \quad = \quad k \cdot (a_1 + a_2 + a_3 + ... + a_n) \]

Jetzt können wir den Inhalt der Klammer mit einem Summenzeichen ersetzen:

    \[ k \cdot (a_1 + a_2 + a_3 + ... + a_n) = k \cdot \sum_{i=1}^{n} a_i \]

Damit ist auch diese Eigenschaft gezeigt: Wir können den Faktor ausklammern. Wichtig ist, dass der Faktor k nicht vom Zähler im Summenzeichen abhängig ist, also darf sich mit variierendem i das k nicht ändern.\\

Summe «ohne» Inhalt: Eigenschaft (3)

Wenn eine Summe keinen Inhalt hat, so ist das nicht ganz wahr. Es ist vielmehr eine unsichtbare eins. Wenn wir also lauter einsen summieren, müssen wir nur wissen, wie viele es waren. Der Zähler geht von 1 bis n, d.h. es sind genau n einsen. So kriegen wir:

    \[ \sum_{i=1}^{n} = \sum_{i=1}^{n} 1 = (1 + 1 + 1 + ... + 1) = n  \]

Summe des Zählers: Eigenschaft (4)

Wir beginnen wieder mit dem Ausschreiben der Summe:

    \[ \sum_{i=1}^{n} i = 1 + 2 + 3 + ... + n \]

Es ist eigentlich einfaches Kopfrechnen und wir könnten jetzt einfach loslegen. Es gibt aber einen genial einfachen Trick, den ich hier zeigen möchte. Nach einer Anekdote soll Ende des 18. Jahrhunderts ein Junge im Mathematikunterricht so unterfordert gewesen sein, dass ihm der Lehrer die Aufgabe erteilte, die natürlichen Zahlen von 1 bis 60 zusammen zu zählen. Damit wäre der Junge ein Weilchen beschäftigt, dachte sich der Lehrer. Der Kleine war aber nicht irgendein Junge, sondern Johann Carl Friedrich Gauss, der später zu einem der herausragendsten Mathematiker und Physiker wurde!

Gauss löste die Aufgabe mit folgendem Trick: Er schrieb die Addition der vielen Zahlen etwas um:

    \[ 1 + 2 + 3 + ... + 59 + 60 \quad = \quad (1 + 60) + (2 + 59) + (3 + 58) + ... \]

Er bildete immer Pärchen und fing mit der ersten und der letzten Zahl an, dann nahm er die zweite und die zweitletzte Zahl, dann die dritte und drittletzte Zahl usw. Interessanterweise ist der Wert der Klammern immer genau 61, d.h. jetzt müssen wir uns nur überlegen, wie viele solche Klammern gibt es.\\

Da wir insgesamt 60 Zahlen haben und wir Pärchen bilden, müssen es 30 Pärchen sein. Die Summe der natürlichen Zahlen von 1 bis 60 beträgt also:

    \[ 1 + 2 + 3 + ... + 60 = 30 \cdot 61 = 1830 \]

Jetzt gehen wir zurück zur allgemeinen Summe der natürlichen Zahlen von 1 bis zu einer frei wählbaren oberen Grenze n und wenden den Trick von Gauss an. Wir bilden wieder die Summe der ersten und der letzten Zahl, der zweiten und der zweitletzten Zahl etc.

    \[ \begin{array} 1 + n = n + 1& \\ 2 + (n - 1) = n + 1 & \\  3 + (n - 2) = n + 1 & \end{array} \]

Die Pärchen ergeben immer die Summe (n+1). Wir vergleichen kurz mit dem Zahlenbeispiel von vorhin: Die obere Grenze war 60 und das entspricht unserem n, d.h. die Pärchen wären dann 60+1 = 61. Stimmt! Wie viele Pärchen hat es? Im allgemeinen Fall sind es n Zahlen und somit \frac{n}{2} Pärchen, d.h. die Summe errechnet sich mit dem Trick von Gauss zu:

    \[ \sum_{i=1}^{n} i = \frac{n}{2} \cdot (n+1) \]

Summe mit angehobener unterer Grenze: Eigenschaft (5)

Die Eigenschaften (3) und (4) gelten nur, wenn die Summe ganz unten anfängt, d.h. mit dem Zähler bei eins startend. Was machen wir, wenn die untere Grenze aber nicht eins ist? Dann wenden wir Eigenschaft (5) an und machen daraus zwei Summenzeichen mit unterer Grenze eins. Ab hier können wir dann (3) und (4) anwenden.

Das tönt jetzt vielleicht kompliziert, ist aber ganz einfach. Nehmen wir wieder das Beispiel, das Gauss als kleiner Junge rechnen musste. Dieses Mal starten wir aber nicht bei eins, sondern bei zehn. Was gibt 10+11+12+...+60?

Du kannst wieder den Trick von Gauss anwenden: (10+60)+(11+59)+... und kämen so sicher zum Ziel. Wir gehen dieses Mal aber anders vor. Eigentlich ist die Problemstellung fast gleich wie vorhin, nur dass wir die ersten zehn Ziffern nicht zählen dürfen, d.h. wir nehmen das Resultat vom letzten Mal (1830) und subtrahieren das, was wir zu viel gezählt haben:

    \[ \sum_{i=10}^{60} i =  1830 - (1 + 2 + 3 + ... + 9) \]

Der Wert der Klammer ist das gleiche Rätsel mit einer oberen Grenze von 10 statt von 60, d.h. wir brauchen dazu:

    \[ \sum_{i=1}^{9} i = \frac{9}{2} \cdot (9+1) = 45 \]

So erhalten wir die Lösung 1830 - 45 = 1785. Wir haben die Summe mit dem Zähler von 10 bis 60 gelöst mit der Summe von 1 bis 60 abzüglich der Summe von 1 bis 9. Es ist ja logisch. Wenn wir nur die zehnte Zahl bis zur Sechzigsten zählen dürfen, können wir auch einfach alle zählen und nachträglich die Überschüssigen wieder abzählen. Das ist die Eigenschaft (5): Eine Summe von der unteren Grenze u bis zur oberen Grenze o ist das Gleiche, wie die vollständige Summe von 1 bis o abzüglich der fälschlicherweise addierten Summanden 1 bis (u-1). Für einen allgemeinen Ausdruck a_i in der Summe gilt dann:

    \[ \sum_{i=u}^{o} a_i =  \sum_{i=1}^{o} a_i - \sum_{i=1}^{(u-1)} a_i \]

Nochmals: Der grosse Vorteil liegt darin, dass wir aus einer Summe mit einer angehobenen unteren Grenze, die nicht eins war, zwei Summen mit unterer Grenze eins machen können. Erst dann dürfen wir die Eigenschaften (3) und (4) anwenden. Diese gelten nur ab unterer Grenze eins.\\

Am folgenden Beispiel soll gezeigt werden, wie wir mit Hilfe der Eigenschaften (1) bis (5) elegant mit Summenzeichen umgehen können.

Beispiel

Berechne die folgende Summe:

    \[ \sum_{i=1}^{30} 3-4i \]


Wir erkennen, dass innerhalb des Summenzeichens eine Summe versteckt ist, denn 3-4i ist ja gleich wie 3+(-4)i. Wir können deshalb (1) anwenden:

    \[ \sum_{i=1}^{30} 3-4i = \sum_{i=1}^{30} 3 + \sum_{i=1}^{30} (-4)i \]

Jetzt wenden wir (2) an und ziehen die Faktoren, die bezüglich dem Zähler i konstant sind, aus dem Summenzeichen heraus:

    \[ \sum_{i=1}^{30} 3 + \sum_{i=1}^{30} (-4)i = 3 \cdot \sum_{i=1}^{30} 1 + (-4) \cdot \sum_{i=1}^{30} i \]

Schliesslich wenden wir (3) für das erste Summenzeichen und (4) für das zweite Summenzeichen an.

    \[ 3 \cdot \sum_{i=1}^{30} 1 + (-4) \cdot \sum_{i=1}^{30} i = 3 \cdot 30 + (-4) \cdot \frac{30 \cdot (30+1)}{2} = 90 - 4 \cdot 465 = \underline{-1770} \]

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