Summenzeichen für Partialsummen und Reihen
Verwendung des Summenzeichens
In der Lernforschung wurde herausgefunden, dass das mathematische Summenzeichen, der griechische Grossbuchstabe Sigma () bei vielen Schülerinnen und Schülern ein gewisses Unbehagen auslöst. Als Schüler war das bei mir genauso. Der Buchstabe sieht mit seinen vielen Ecken und Kanten vielleicht ein bisschen aggressiv aus…Keine Angst! Das Summenzeichen kann weder etwas für sein Aussehen (wenn schon sind die Griechen schuld), noch ist die Benützung des Summenzeichens besonders schwierig.
Wir lesen das Summenzeichen wie folgt: Es wird die Summe gebildet von dem, was im Summenzeichen steht. Die Summe besteht aus vielen Termen, die zusammengezählt werden. Die Terme sind mit einem Zähler versehen. Der Zähler, meistens oder
läuft immer in Einerschritten vom Anfangswert, der unten steht, bis zum Endwert, der oben steht.
Wenn das Summenzeichen oft vorkommt, ist es üblich die Schreibweise etwas zu vereinfachen und die Spezifikationen unter und über dem Summenzeichen weg zu lassen. Es gelten dann noch immer die Gleichen wie am Anfang. Manchmal steht auch einfach nur ein unter dem Summenzeichen um anzudeuten, wie die Zählvariable heisst.
Beispiel
Die Summe der Glieder 3 bis 7 einer Folge soll berechnet werden. Die Folge hat die explizite Definition
Eigenschaften
Das Summenzeichen hat viele Eigenschaften, die relativ einfach bewiesen werden können. Mit Hilfe dieser Eigenschaften können Summenzeichen vereinfacht oder gar algebraisch gelöst werden.
Summe im Summenzeichen: Eigenschaft (1)
Wenn wir eine Summe in einem Summenzeichen haben, können wir daraus eine Summe von Summenzeichen machen. Dass dem wirklich so ist, sehen wir, wenn wir das Summenzeichen links ausschreiben. Wir nehmen den Fall, wo der Zähler von 1 bis
läuft:
Jetzt schreiben wir die Summe ohne Klammern und bringen die gleichartigen Summanden zusammen:
Die beiden Klammern sind nichts anderes als , womit wir gezeigt haben, dass eine Summe in einem Summenzeichen als Summe von Summenzeichen geschrieben werden kann.
Faktor im Summenzeichen: Eigenschaft (2)
Wenn wir im Summenzeichen einen Faktor haben, so können wir ihn aus dem Summenzeichen herausholen und ihn mit dem Summenzeichen multiplizieren. Es handelt sich dabei um ein Ausklammern. Wichtig ist, dass der Faktor unabhängig vom Zähler ist, d.h. er ist bei allen Summanden genau gleich.
Wir schreiben auch hier wieder als erstes die Summe aus:
Wir lassen die Klammern weg, da das Produkt stärker bindet und damit keine Klammern nötig sind. Jeder Summand enthält den Faktor
, so können wir ausklammern:
Jetzt können wir den Inhalt der Klammer mit einem Summenzeichen ersetzen:
Damit ist auch diese Eigenschaft gezeigt: Wir können den Faktor ausklammern. Wichtig ist, dass der Faktor nicht vom Zähler im Summenzeichen abhängig ist, also darf sich mit variierendem
das
nicht ändern.\\
Summe «ohne» Inhalt: Eigenschaft (3)
Wenn eine Summe keinen Inhalt hat, so ist das nicht ganz wahr. Es ist vielmehr eine unsichtbare eins. Wenn wir also lauter einsen summieren, müssen wir nur wissen, wie viele es waren. Der Zähler geht von bis
, d.h. es sind genau
einsen. So kriegen wir:
Summe des Zählers: Eigenschaft (4)
Wir beginnen wieder mit dem Ausschreiben der Summe:
Es ist eigentlich einfaches Kopfrechnen und wir könnten jetzt einfach loslegen. Es gibt aber einen genial einfachen Trick, den ich hier zeigen möchte. Nach einer Anekdote soll Ende des 18. Jahrhunderts ein Junge im Mathematikunterricht so unterfordert gewesen sein, dass ihm der Lehrer die Aufgabe erteilte, die natürlichen Zahlen von bis
zusammen zu zählen. Damit wäre der Junge ein Weilchen beschäftigt, dachte sich der Lehrer. Der Kleine war aber nicht irgendein Junge, sondern Johann Carl Friedrich Gauss, der später zu einem der herausragendsten Mathematiker und Physiker wurde!
Gauss löste die Aufgabe mit folgendem Trick: Er schrieb die Addition der vielen Zahlen etwas um:
Er bildete immer Pärchen und fing mit der ersten und der letzten Zahl an, dann nahm er die zweite und die zweitletzte Zahl, dann die dritte und drittletzte Zahl usw. Interessanterweise ist der Wert der Klammern immer genau , d.h. jetzt müssen wir uns nur überlegen, wie viele solche Klammern gibt es.\\
Da wir insgesamt 60 Zahlen haben und wir Pärchen bilden, müssen es 30 Pärchen sein. Die Summe der natürlichen Zahlen von bis
beträgt also:
Jetzt gehen wir zurück zur allgemeinen Summe der natürlichen Zahlen von bis zu einer frei wählbaren oberen Grenze
und wenden den Trick von Gauss an. Wir bilden wieder die Summe der ersten und der letzten Zahl, der zweiten und der zweitletzten Zahl etc.
Die Pärchen ergeben immer die Summe . Wir vergleichen kurz mit dem Zahlenbeispiel von vorhin: Die obere Grenze war
und das entspricht unserem
, d.h. die Pärchen wären dann
. Stimmt! Wie viele Pärchen hat es? Im allgemeinen Fall sind es
Zahlen und somit
Pärchen, d.h. die Summe errechnet sich mit dem Trick von Gauss zu:
Summe mit angehobener unterer Grenze: Eigenschaft (5)
Die Eigenschaften (3) und (4) gelten nur, wenn die Summe ganz unten anfängt, d.h. mit dem Zähler bei eins startend. Was machen wir, wenn die untere Grenze aber nicht eins ist? Dann wenden wir Eigenschaft (5) an und machen daraus zwei Summenzeichen mit unterer Grenze eins. Ab hier können wir dann (3) und (4) anwenden.
Das tönt jetzt vielleicht kompliziert, ist aber ganz einfach. Nehmen wir wieder das Beispiel, das Gauss als kleiner Junge rechnen musste. Dieses Mal starten wir aber nicht bei eins, sondern bei zehn. Was gibt ?
Du kannst wieder den Trick von Gauss anwenden: und kämen so sicher zum Ziel. Wir gehen dieses Mal aber anders vor. Eigentlich ist die Problemstellung fast gleich wie vorhin, nur dass wir die ersten zehn Ziffern nicht zählen dürfen, d.h. wir nehmen das Resultat vom letzten Mal (
) und subtrahieren das, was wir zu viel gezählt haben:
Der Wert der Klammer ist das gleiche Rätsel mit einer oberen Grenze von statt von
, d.h. wir brauchen dazu:
So erhalten wir die Lösung . Wir haben die Summe mit dem Zähler von
bis
gelöst mit der Summe von
bis
abzüglich der Summe von
bis
. Es ist ja logisch. Wenn wir nur die zehnte Zahl bis zur Sechzigsten zählen dürfen, können wir auch einfach alle zählen und nachträglich die Überschüssigen wieder abzählen. Das ist die Eigenschaft (5): Eine Summe von der unteren Grenze
bis zur oberen Grenze
ist das Gleiche, wie die vollständige Summe von
bis
abzüglich der fälschlicherweise addierten Summanden
bis
. Für einen allgemeinen Ausdruck
in der Summe gilt dann:
Nochmals: Der grosse Vorteil liegt darin, dass wir aus einer Summe mit einer angehobenen unteren Grenze, die nicht eins war, zwei Summen mit unterer Grenze eins machen können. Erst dann dürfen wir die Eigenschaften (3) und (4) anwenden. Diese gelten nur ab unterer Grenze eins.\\
Am folgenden Beispiel soll gezeigt werden, wie wir mit Hilfe der Eigenschaften (1) bis (5) elegant mit Summenzeichen umgehen können.
Beispiel
Berechne die folgende Summe:
Wir erkennen, dass innerhalb des Summenzeichens eine Summe versteckt ist, denn ist ja gleich wie
. Wir können deshalb (1) anwenden:
Jetzt wenden wir (2) an und ziehen die Faktoren, die bezüglich dem Zähler konstant sind, aus dem Summenzeichen heraus:
Schliesslich wenden wir (3) für das erste Summenzeichen und (4) für das zweite Summenzeichen an.